
Kronen Zeitung
„HAT MICH GEPRÄGT“
Unterhaus-Trainer verrät Nacht im Bosnien-Knast
Na, hättet ihr ihn erkannt? Unterhaus-Trainer Sanel Moric sprach mit der „Krone“ über seine Zeit als bosnischer Fußball-Ultra. Der 43-jährige Familienvater erzählte dabei auch von einem Chaos-Abend in seiner Heimatstadt Zenica, die schlussendlich hinter Gittern endete.
„Wenn man denkt, man erlebt den nächsten Morgen nicht mehr, dann macht das etwas mit dir“, erinnert sich Sanel Moric im Gespräch mit der „Krone“ an seine Zeit als Fußball-Ultra. Als Kochlehrling in Bad Gastein kam der heutige Unterhaus-Trainer und aktuelle Coach von Kleßheims Futsalern erstmals mit der bosnischen Fanszene in Kontakt.
Moric: „Als Patriot fand ich das schon cool“
Sein erstes Lehrlingsgehalt investierte er in einen Computer, um zu chatten. „Als Patriot fand ich das schon cool“, erklärt Moric, der damals 18 Jahre alt war. Seine Idee? „Etwas Regionales schaffen mit Leuten aus Österreich. Da waren Personen aus Salzburg, Linz, Kufstein oder Graz dabei. Egal, ob Ärzte, Studenten oder Ingenieure. Wir wollten die bosnische Nationalmannschaft unterstützen“, schildert der Familienvater. Die Gruppe „BH Legion“ war geboren und zog durch Europa.
Aufgrund des Jugoslawien-Krieges in den Neunzigern kam es oft zu hitzigen Duellen mit Serbien und anderen jugoslawischen Staaten. Finger weggeböllert“Bei manchen Spielen wussten wir schon, dass das nicht gut ausgeht“, blickt der 43-Jährige auf Auswärtsfahrten zurück, wo Sicherheit ein Fremdwort war. Ein Freund Morics habe in Belgrad durch einen Böller aus dem gegnerischen Fanblock sogar einen Finger verloren. „Ich habe die Szene noch vor mir, als wenn es gestern gewesen wäre. Da schaute nur noch der Knochen raus“, erklärt er.
Statt Duell mit Ungarn sah Moric schwedische Gardinen
Ein erstes Umdenken Morics erfolgte dann ausgerechnet in seiner Heimat Zenica, wo jüngst das ÖFB- Team gegen Bosnien jubelte. Einen Steinwurf davon entfernt wuchs Moric mit seiner Familie auf. Vom Balkon hatte man das Spielfeld im Blick. Bei einem EM-Qualispiel zur Euro 2008 verbrachte Moric eine Nacht im Knast, anstatt die Bosnier gegen Ungarn anzufeuern. „Ein Freund wollte auf dem Tribünenzaun einen Gesang anstimmen und die Polizei griff ihn sofort an. Ich ging dazwischen, lag dann sofort am Boden. So schnell konnte ich gar nicht schauen“, schildert er die wilden Szenen im Block.
Nach einigen Schlägen im Polizeibus landete er schlussendlich gemeinsam mit anderen Fans in einer düsteren Zelle. „Die Polizei in Bosnien kennt kein Pardon“, macht er klar. Familie machte Druck2007 zog Moric nach dem Duell der Bosnier in Ungarn aber endgültig einen Schlussstrich – er war zu diesem Zeitpunkt Vater eines drei Monate alten Sohnes, der heute beim FC Puch in der Salzburger Liga kickt. „Meine Familie hat dann schon Druck gemacht. Sie hatte Angst davor, dass ich einmal nicht nach Hause kommen würde.“ Ob er ein Leben als Ultra wieder führen würde? „Auf Auseinandersetzungen könnte ich verzichten. Insgesamt hat mich die Zeit geprägt, liebe ich den Fußball weiter als Trainer.“
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